Dienstag, 7. April 2009

Keine Kontrolle des SoFFin - Bürger haften unbegrenzt



Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) soll das deutsche Finanzsystem stabilisieren und dazu beitragen, wieder Vertrauen zwischen den Marktteilnehmern herzustellen.

Für diese Aufgabe stehen ihm 480 Milliarden Euro zur Verfügung. Dieses entspricht mehr als dem Doppelten des jährlichen Bundesetats.

Welches Finanzunternehmen zu welchen Konditionen profitiert, entscheidet ein vom Minister eingesetzter Lenkungsausschuss unter Leitung des Finanzstaatssekretärs Jörg Asmussen. Diesem Lenkungsausschuss gehören je ein Vertreter des Bundeskanzleramts, des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, sowie einem Mitglied der Länder an. Ein Vertreter der Deutschen Bundesbank und sein Stellvertreter gehören dem Lenkungsausschuss beratend an.

Die FDP hat die Einrichtung einer parlamentarischen Kontrollinstanz zur Bedingung für ihre Zustimmung zum Bankenrettungsgesetz gemacht. Diese gibt es in Form des Finanzmarktgremiums, welches über die sinnvolle Verteilung der Gelder wachen soll. 
Das Finanzmarktgremium besteht aus neun Abgeordneten aus dem Haushaltsausschuss. Vorsitzender ist der CSU-Abgeordnete Albert Rupprecht. Einmal pro Sitzungswoche werden ihnen die Entscheidungen des Lenkungsausschusses mitgeteilt. Regelmäßig freitags treffen sie sich mit Jörg Asmussen oder dem parlamentarischen Staatssekretär Karl Diller sowie Hannes Rehm, dem operativen Chef des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung. Dann haben sie die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die Entscheidungen des Lenkungsausschusses können von ihnen weder geändert, noch abgelehnt werden. Es ist ihnen untersagt, über den Inhalt der Beschlüsse zu berichten. Weder ihre Kollegen noch ihre Wähler dürfen Informationen erhalten. Sollte einer von ihnen dennoch Informationen an die Öffentlichkeit bringen, droht ihm eine Anklage wegen Geheimnisverrats. Dieses kann mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Der Abgeordnete Roland Claus (Die Linke) aus Sachsen-Anhalt, der ein Mitglied des Finanzmarktgremiums ist, fühlt sich entmündigt. Albert Rupprecht als Vorsitzender des Gremiums hält das Verfahren für alternativlos. Alexander Bonde, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, hält den Umgang des SoFFin mit dem Parlament als unvereinbar mit der Ehre eines Haushälters im Bundestag.

Es stellt sich die Frage, ob die Vergabe der Mittel des SoFFin ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle, noch den Grundsätzen der Verfassung entspricht.

Die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland werden im Artikel 20 des Grundgesetzes geregelt. Artikel 20 Absatz 2 lautet wie folgt: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“

Das derzeit praktizierte Verfahren ermöglicht keinerlei Kontrolle durch das Volk, oder durch die von ihm gewählten Vertreter. Vielmehr werden weitreichende Beschlüsse im Geheimen gefällt. Bis Februar 2009 wurden 197 Milliarden Euro aus dem SoFFin auf oben beschriebene Art bewilligt.

Die Höhe der zukünftigen Hilfsmaßnahmen ist in der Summe nicht abschätzbar. Viele Verluste der Finanzunternehmen resultieren aus komplexen Derivatekontrakten, deren Inhalt und Wirkungsweise selbst Bankenvorstände nach eigener Aussage nicht verstehen.


Zukünftig unbegrenzter Andrang bei den Tafeln ?


Artikel 20 des Grundgesetzes besteht aus vier Absätzen. Im letzten heißt es: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Niemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurden so große Summen ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle bewegt. Die Refinanzierung des SoFFin wird erhebliche Konsequenzen für die Steuer- und Ausgabenpolitik der Bundesregierung haben. Die Bürger werden in der Zukunft für Ausgaben haften müssen, von denen sie nicht wissen, wer heute von diesen Zahlungen profitiert.

Mittwoch, 18. März 2009

Neue Risiken bei der HSH Nordbank

Die angeschlagene HSH-Nordbank plant, Schiffsfinanzierungen zum wesentlichen Standbein ihrer zukünftigen Strategie zu entwickeln.

Angesichts der aktuellen Entwicklung der Charterraten sind diese Pläne gewagt.


Geht die HSH Nordbank mit ihren Schiffsfinanzierungen baden ?


Die Hamburgische Bürgerschaft hat in den nächsten Wochen weitreichende Entscheidungen zu fällen. Es muss darüber entschieden werden, ob der HSH Nordbank, vormals Hamburgische Landesbank, umfangreiche finanzielle Unterstützung in Form einer Kapitalspritze von 3,5 Milliarden Euro und Bürgschaften in Höhe von insgesamt 10 Milliarden Euro von Hamburg und Schleswig-Holstein gewährt werden.



Das traditionelle Geschäft der Schiffsfinanzierungen galt bis vor wenigen Wochen noch als eine tragende Stütze des Konzerns. Die Verluste der HSH Nordbank im Bilanzjahr 2008 resultierten hauptsächlich aus anderen Geschäftsfeldern.



Nach einer stabilen Phase von Ende 2002 bis Ende 2008 erlebte der Chartermarkt für Containerschiffe einen starken Absturz. Die Charterraten für ein mittelgroßes 2.500 TEU Containerschiff sind von durchschnittlichen 20.000 USD pro Tag auf ca. 7.000 USD pro Tag gefallen.



Diese Mindereinnahmen werden sich auch auf die finanzielle Situation der beteiligten Banken auswirken. Folgende Kalkulation im Martktsegment der Containerschifffahrt stellt die Zusammenhänge dar.



Bis Ende 2008 erzielte ein 2.500 TEU Containerschiff zum Kaufpreis von 50 Millionen USD bei 350 Einsatztagen jährliche Einnahmen von 7 Millionen USD.


Damit konnten die Betriebskosten in Höhe von 2 Millionen USD, die Zinsen für die Schiffshypothekendarlehen in Höhe von 1,5 Millionen USD, sowie die Tilgung von 2 Millionen USD geleistet werden. Der verbleibende Überschuss in Höhe von 1,5 Millionen USD erlaubte 7% Ausschüttung an die Anleger oder die Linienreederei.



Jedoch auf Basis der aktuellen täglichen Charterrate von 7.000 USD ergeben sich jährliche Einnahmen von 2,45 Millionen USD. Dieser Ertrag deckt die Betriebskosten und ein Drittel der fälligen Zinsen. Zwei Drittel der Zinsen können nicht geleistet werden. Auch die Tilgungsleistung in Höhe von 2 Millionen USD kann nicht erbracht werden.


Die mittelfristigen Perspektiven für den Chartermarkt bleiben schlecht. Schon heute liegen 10% der weltweiten Containerflotte auf Reede. Das bedeutet, diese Schiffe erwirtschaften ausschließlich Kosten. Für den Zeitraum von 2009 bis 2011 wird sich weltweit ein Zuwachs der Flottenkapazität von jährlich 15% ergeben. Auch unter Berücksichtigung der Abwrackungen und eines Ladungszuwachs von jährlich 8% erhöht sich die nicht beschäftigte Tonnage jährlich um 5%.



Die anstehende Entscheidung der Bürgerschaft sollte diese Entwicklungen nicht unberücksichtigt lassen. Der Bürgerschaft liegen Zahlen für 2008 vor, in der die oben gezeigte Problematik nicht zu erkennen ist. Eine Entscheidung auf Basis der veralteten Zahlen, wäre für die beteiligten Länder und damit auch für die Steuerzahler gravierend.



Da die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein für bis 2005 abgeschlossene Verträge der vormaligen Landesbanken für einen langen Zeitraum in der Gewährträgerhaftung stehen, stellt sich die Frage, wie eine für den Steuerzahler gute Lösung darstellbar sein soll.



Angesichts der gezeigten Risiken, sollte die Option einer geordneten Abwicklung der HSH Nordbank und die Ansiedlung ihrer wichtigen Geschäftsfelder bei den Sparkassen und Volksbanken geprüft werden.